Pflanzenschädlinge und ihre Auswirkungen, Teil 3: der Cynips de Chataignier und seine Folgen

  • Salute Thomas,


    danke für deine Einwände. Wie gesagt fand ich die Beiträge hier im Forum zu diesem Thema informativ und bin an einem Austausch interessiert.


    Was das Lavendel-Öl anbetrifft, habe ich lediglich das berichtet, was mir vor Ort an Erfahrungen mitgeteilt wurde. Deine Einwände (Menge und Herstellung von so viel Öl) wurden da auch klar geteilt. Welches Lavendel-Öl genau genutzt wurde, kann ich nicht sagen. Nur dass der Erfolg wohl sehr schnell eintrat.


    Gruss auch von der Insel,
    Katarina

  • ich finde es überdenkenswert, das mit dem lavendel, weil ich mich lange mit ölen befasse und erstaunliches damit erlebe. ich will damit NICHTS über dich, giacchetto, über die methode mit den wespen... sagen. find es super, dass die italiener damit erfolg hatten.
    und alles, was auch erfolg ahnen lässt, ist es wert, hier drüber zu reden, find ich. auch wenn erstmal ein "unmöglich" dabei rauskommt.


    einige insektenarten hassen lavendel, z.b. ameisen, die laufen nie über eine linie aus dem öl, hab ich mehrmals ausprobiert. war angustifolia, von primavera.
    vielleicht scheuen die cynipse das ja auch?
    und WENN die cynipse dieses ätherische öl scheuen, vielleicht auch andere öle? weil, auf corsika gibt's tonnenweise pflanzen, die starke äth. öle enthalten,
    z.b. immortellen, cistrosen, schopflavendel, wasserminze fallen mir grad ein. und es gibt mindestens einen betrieb, der äth. öle destilliert. wäre also alles da :)
    brauchen die cynipse unbedingt kastanienbäume? oder können die auch auf anderen bäumen leben? ich frag mich, was denn wäre, wenn es tatsächlich gelänge, sie von den k. fernzuhalten...




  • Giacchetto:


    Hallo Thomas,


    Kannst Du uns inzwischen etwas Neues über den Befall der Kastanien berichten?
    Waren die aufwändigen Aktionen zur Aussetzung des Torymus erfolgreich?
    Würde mich schon interessieren!


    Gruß Capitella ::)))

  • Capitella: , Guenter: und natürlich auch alle anderen Interessierten:


    Im Laufe diverser Wanderungen in diesem Jahr kann ich folgendes Berichten:


    Castagnicchia: Befall extrem stark, Laubdach deutlich ausgedünnt, Kastanienblüten fallen vorzeitig abviele Äste komplett vertrocknet. Unter den Bäumen sehr starkes Wachstum von Adlerfarn (a filetta), der Farn erreicht stellenweise fast 3m Höhe (O-Ton diverser bergers: jamais vu ca !), Brombeeren freuen sich ebenfalls, daß sie endlich genügend Licht haben. Aber: dieses Wachstum KANN auch damit zusammenhängen, daß Frühjahr/Sommer so wenig heiß waren und damit es längst nicht so trocken war wie in anderen Jahren.
    Boziu: hier gilt das gleiche wie für die Castagnicchia
    Casinca: sehr starker Befall vor allem in tieferen Lagen
    Fiumorbo: Befall regional unterschiedlich, aber der cynips ist überall. Auch hier stellenweise ausgedünntes Blätterdach, Früchte sind wenig zahlreich für die Jahreszeit sehr klein. Viele Bäume haben keinen einzigen "Igel"
    Bavella: was ich bisher gesehen habe ist der Befall noch relativ schwach
    Bocca di Verde, Taravo: hier ist der Befall ähnlich wie in der Castagnicchia sehr stark, viele Bäume ohne Früchte, viele trockene Äste.
    Niolu: auch hier ist der Befall deutlich aber vielleicht noch nicht so extrem wie woanders.


    Fairerweise muß man sagen, daß man schon ein geübtes und bewusstes Auge braucht um die Schäden zu erkennen. Wer die KAstanien nur oberflächlich betrachtet, dem werden die Veränderungen -noch- nicht sofort ins Auge fallen. Einfacher zu erkennen ist der Befall im Frühjahr, wenn die frischen roten Gallen deutlich zu erkennen sind unter all den verkrüppelten Blättern.


    Ob sich der torymus erfolgreich installiert hat wird man erst gegen Januar geststellen können. Dann wird man überwinternde Galleneinsammeln, öffnen und -hoffentlich!- feststellen, daß sich im Inneren nicht nur cynipslarven sondern auch Larven des torymus befinden.


    Danke fürs Interesse und
    Gruss
    Thomas

  • Hallo Thomas,


    vielen Dank für Deinen ausführlichen Bericht.
    Leider sind ja kurzfristige Erfolge nicht zu erwarten, aber hoffen wir mal, dass der Torymus sich in seiner neuen Heimat wohlfühlt und sich schnell vermehrt und verbreitet!
    Dann bleiben vielleicht die bisher weniger betroffenen Gebiete von starken Schäden verschont.


    Gruß Capitella ::)))

  • hi thomas, danke!


    ich hab in der castagniccia sehr unterschiedliches gesehen, z.b. in pianellu, in diesem riesenwald,
    waren sehr wenig befallene bäume, und wenn nur leicht.
    im alisgiani dagegen sah es übel aus, wie du sagst, das ist nur 4 stunden zu fuss über'n kamm rüber.
    auch im niolu hab ich noch viele gesunde bäume gesehen, aber das ist sowieso keine "grosse kastanienregion".
    (nicht in corsica, aber, der einzige castagnu in wuppertal ist seit diesem frühjahr auch bewohnt)
    hoffentlich fühlen sich die ausgesetzten nützlinge sehr wohl und vermehren sich fleissig !
    thomas, du wirst uns ja auf dem laufenden halten, woll?!




  • Die Hiobsbotschaften reißen nicht ab. Das sogenannte "Feuerbakterium" Xylella fastidiosa, ein Bakterium, ist erstmals in Süditalien aufgetreten und befällt vor allem Kukturpflanzen wie Wein, Zitrus-, Obst- und Mandelbäume, auch Eichen und Ulmen, sowie Oleander und seit neuestem sogar Olivenbäume. Die Befürchtung ist natürlich groß, dass sich dieser Erreger vom Mittelmeerraum aus über ganz Europa ausbreiten könnte. Die Schäden wären immens, da es kein effizientes Mittel gegen das Feuerbakterium gibt.
    Die Trägheit der Behörden gegenüber der befürchteten Katastophe lässt auch Korsika nicht kalt.


    Siehe die Beiträge:
    der Freitag
    Corse Net Info
    Mediapart


    Gruß
    Dieter, besorgt

  • ich denk mir so...
    wenn alle länder (oder regionen) sich auf das besinnen, was sie selbst haben - so wie es dieser oliverbauer in
    corse net info für corsica fordert - anstatt auf globalisierung zu setzen, gibt es nur noch wenig probleme dieser art.
    sieht mir so aus, als ob regionalwirtschaft sowohl ökonomische als auch ökologische als auch kulturelle vorteile hat.
    und spirituelle sowieso.
    vielleicht brauchen wir menschen wieder mal eine "katastrophe", um uns endlich, gezwungenermassen, in eine lebensfördernde richtung zu bewegen?


    mit zetern von seiten der "esoterik-allergiker" rechne ich, nur keine hemmungen :blah:


    ihr werdet mich nicht von dem glauben abbringen, dass alles im leben einen sinn hat
    und zu etwas gutem führen will, auch wenn es erstmal nicht so aussieht. schädlinge und krankheiten
    sind da nicht ausgenommen. worauf es ankommt, ist IMMER, was die beteiligten menschen daraus machen.
    mögen die corsINNen gute entscheidungen für ihre insel treffen

    • Offizieller Beitrag

    Na ja, wenn man es mal so bedenkt, mag piucore: Eva Recht haben.
    Manchmal bedarf es einem "A...tritt" um den Menschen ein wenig in die Spur zu bringen. Die Natur würde sich über lange Zeit hinweg selbst helfen können, wenn nicht der Mensch wäre. Man sollte überlegen, was in den vergangenen Jahrzehnten falsch gemacht worden ist und es nun anders tun. Egal wo!
    Gruß
    Ommmmm
    wolfgang

  • Bis Ende diesen Monats müssen die für die Frühjahrsfreisetzung bestimmten torymus-Wespen bei der italienischen "Aufzuchtstation" bestellt werden. Da die vom Staat eigentlich zugesagten 25T€ bislang immer noch nicht freigegeben sind (der gleiche Betrag wurde bereits für 2014 bereitgestellt und war eigentlich auch für die Freisetzungskampagnen 2015 und 2016 zugesagt) hat sich die Brauerei Pietra entschlossen ihre ursprünglich auf 10T€ bezifferte [definition=30]Spende[/definition] zu verdoppeln. Es bleibt zu hoffen, daß die staatlichen Gelder noch fliessen.


    Bei meinen letzten Ausflügen in der Castagnicchia und der Gegend um Ghisoni musste ich feststellen, daß die Situation vielerorts dramatisch zu sein scheint. Bei der Mehrzahl der Kastanienbäume ist selbst für den Laien unübersehbar, daß mit den Bäumen etwas nicht stimmen kann. Eine Unmenge vertrockneter Blätter, ja ganze Äste scheinen verdorrt zu sein, Kastanien"igel" die sich am Baum bereits braun färben und nur einen Bruchteil der sonst üblichen Grösse erreichen. Bei manchen Bäumen hat man den Eindruck, sie seien einem Entlaubungsmittel zum Opfer gefallen.
    Sicherlich trägt die momentan auf der Insel herrschende Trockenheit zusätzlich dazu bei. Abgesehen von einzelnen lokalen Gewittern ist seit Mai kein nennenswerter Regen mehr gefallen, viele kleinere Bäche sind nahezu ausgetrocknet, grössere zu Rinnsalen zusammengeschrumpft, die Stauseen von Sampolo und Alesani sind komplett leer. (siehe Foto) Dort wo in der Ebene normalerweise alles schon wieder saftig grün ist und viele Pflanzen ihren zweiten Frühling erleben, sieht es immer noch aus wie in der Savanne zur Trockenzeit. Es brennt auf der Insel häufiger als im Sommer und es ist für die Jahreszeit unnatürlich warm.


    Im gleichen Artikel des wurden allerdings auch positive Aspekte erwähnt. Die Gegend um Murato war eine der zuerst betroffenen Gebiete Korsikas. Der Ernteausfall in den Jahren 2012 und 2013 lag bei 100%. Im Jahr 2012 wurden dort die ersten torymus auf experimenteller Basis ausgesetzt. In diesem Jahr zeigen die Bäume scheinbar die ersten Anzeichen einer leichten Erholung. Zum anderen wurden in der Umgebung von Asco (village) toymus nachgewiesen obwohl dort in der Nähe bislang keine Exemplare ausgestzt wurden. Das scheint dafür zu sprechen, daß die Schlupfwespen aus anderen Teilen der Insel dort hingelangt sind und dies wiederum wäre ein erster Beweis dafür, daß der torymus beginnt sich hier fest zu etablieren. Wenn das so sein sollte, wäre schon viel gewonnen. Auch wenn der Weg noch lang sein dürfte, so geben diese Nachrichten dennoch Anlaß zu gedämpftem Optimismus.


    Gruss
    Thomas

  • Viel wurde hier im Forum schon diskutiert über die Folgen des Cynips für die Kastanienernte auf Korsika. Jetzt ist der November schon weit fortgeschritten und ich kann einen kleinen Überblick geben über die Situation bei uns im Fiumorbo.
    Wie schon erwähnt war 2013 das Jahr in der der Cynips zum erstenmal hier in der Region beobachtet wurde. In diesem Jahr war der Befall der Bäume mit den Gallen augenfällig und die Auswirkungen auf die Laubentwicklung und die Fruchtbildung nicht mehr zu übersehen. Erschwerend kam dieses Jahr hinzu, daß vor allem ab Spätsommer eine ungewöhnliche Trockenperiode das Wachstum der "Igel" zusätzlich beeinträchtigte. Zu beobachten war auch, daß viele der Fruchtstände (damit meine ich die "Igel") bereits am Baum anfingen zu trocknen und vorzeitig gefallen sind. Ob dieser Effekt überwiegend auf die Trockenheit zurückzuführen ist oder ebenfalls mit dem Cynips zu tun hat, konnte mir allerdings keiner beantworten.
    Bei uns und den umliegenden Dörfern gibt es drei castanéiculteurs, für zwei von ihnen war die Kastanienernte immer ihr Haupteinkommen. Tony hat in normalen Jahren immer so um die 25t Kastanien gesammelt. Teilweise um damit Mehl zu produzieren, der grösste Teil wurde von ihm allerdings an die Domaine de Mavela geliefert (Schnapsbrennerei, Kastanienprodukte). Christians Ertrag lag deutlich höher. Er und seine Frau produzieren hauptächlich Mehl (BIO !) und allerhand Gebäck und andere Produkte auf Basis von Kastanienmehl. Beide sind bei der Ernte auf Helfer angewiesen, die pro Kilo bezahlt werden. Dieses Jahr hat keiner von beiden auch nur eine einzige Kastanie gesammelt. Da der Ertrag nur einen Bruchteil der letzten Jahre ausmachte (dazu gleich mehr) war die Ernte weder für die Erntehelfer (wenig Kilos= wenig Geld) noch für den castanéiculteur von Interesse (wenig Ernte= Erntehelfer zu teuer). Jean-Francois, der das Ganze eher aus Liebhaberei und Tradition betreibt und seine mit normalerweise knapp 3t vergleichsweise bescheidene Ernte mit Familie und Freunden einbringt war also der einzige, der im Fiumorbo dieses Jahr Kastanien geerntet hat.
    In der ersten Novemberwoche haben wir mitgeholfen. Dort wo man normalerweise im Umkreis von 1-2m locker einen Eimer füllen konnte musste man dieses Jahr eher einzelne Kastanien zusammensuchen.
    Normalerweise sind in den "Igeln" immer drei bis vier Kastanien, wobei eine meistens nur rudimentär entwickelt ist. Dieses Jahr war oft nur eine gut entwickelte Kastanie pro Schale zu finden.
    Zusammengefasst lässt sich sagen, daß wir statt der üblichen knapp 3t mit viel Mühe so an die 800kg gesammelt haben (was einen Ernteausfall von annähernd 75% bedeutet). Da der immer vorhandene Befall der Früchte mit dem Kastanienwickler und Kastanienbohrer nicht weniger geworden ist, ist dieses Jahr naturgemäß der prozentuale Anteil von Kastanien "mit Wurm" erheblich größer wie in normalen Jahren. Viele der schon länger gefallenen Kastanien waren laut Jean-Francois in einem Zustand wie nach drei Wochen im sechoir, dem Trockenofen. Auch wenn wir schon sehr,sehr viele Kastanien mit Loch gefunden und aussortiert haben, so "fallen" die meisten Würmer erst während des Trocknungsprozesses. Man muß also davon ausgehen, daß von den mageren 800kg nochmals mindestens 30% Ausschuß sein werden.
    In anderen Gebieten wie der Castagniccia, wo der Cynips bereits ein Jahr früher aufgetreten ist, soll der Ernteausfall in diesem Jahr nahezu 100% betragen. Hingegen um Ponte Leccia und im Niolu -Auftreten des Cynips nochmals früher und experimentelles Aussetzen des torymus in 2013- scheint die Talsohle überschritten zu sein. castanéiculteurs von dort berichten, daß sich die Ernte in diesem Jahr leicht erholt habe und man Hoffnung habe, daß es weiterhin aufwärts gehe.
    Nach einer Woche rückenschädigender Plackerei lud Jean-Francois seine fleissigen Helferlein dann zu einem "Erntedankfest" ein, Wildschwein vom Grill (allerdings nicht a la Obelix am Stück) und diverse andere Leckereien fester und flüssiger Art wurden aufgetischt. Zuvor allerdings waren alle nochmals augefordert den letzten Kastanienhang zu "besammeln", da France3 Via Stella in Person von Pierre-Jean Luccioni (dem ein oder anderen vielleicht bekannt als Autor der Tempi Fa Bücher) gekommen war um eine Dokumentation über die Kastanienernte zu drehen.
    Einziger Wermutstropfen: genau an diesem Tag kam der langersehnte Regen - aber trotz der damit verbundenen Unannehmlichkeiten tat das der Geselligkeit keinen grossen Abbruch.


    Wies weitergeht mit dem cynips? Ich werde euch auf dem laufenden halten. Im Winter wird man festtstellen ob und in welchem Umfang der torymus sich etabliert hat.


    Bis dahin
    Thomas

  • nur noch für kurze Zeit ist der von mir oben erwähnte Bericht in der Mediathek von via stella zu sehen : [url=http://pluzz.francetv.fr/videos/natura_,1000022801.html]Natura | vidéo en replay | En streaming sur francetv pluzz[/url]
    (leider) nur auf korsisch.... Der Kastanienhain von Jean-Francois wird ab 35min 20sec gezeigt, diejenigen unter euch, die uns persönlich kennen, sollten keine Schwierigkeiten haben uns wiederzuerkennen... :winking:


    Gruss
    Thomas

  • salute thomas,


    wie wird's bei euch weitergehen? setzt ihr dieses frühjahr wieder schlupfwespen aus?


    falls ich schon vor dem sommer nach corsica fahren kann, was ich seeehhr hoffe,
    könnte ich euch helfen? was sollte mensch dafür können?


    cynips - fora! - gruss von der eva


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