Die Rede Macrons am Mittwoch in hat in klaren Worten die Politik Frankreichs zu Korsika definiert, es sind diese Richtlinien mit denen sich die Korsen in den nächsten Jahren abfinden müssen. Macron war minutiös vorbereitet, hat alle von ihm erwarteten Themen präzise und eindeutig beantwortet.
Da ich hoffe, dass hier im Forum Interesse daran besteht zu wissen, was in dieser Amtszeit das Verhältnis Frankreich – Korsika prägen wird, habe ich mal die wesentlichen Punkte zusammengeschrieben und gebe sie in der Reihenfolge wieder, wie sie gesagt wurden:
- die Mittel für die Sicherheit auf der Insel werden finanziell und personell aufgestockt, Gendarmerie, Brandbekämpfung (insbesondere Fluglöschung)
- Weitere umfangreiche Gelder sollen für die Gesundheit, Altenpflege und sog. „maisons de santé“ bereitgestellt werden (Macron wies auf die 130 Millionen hin, die bereits für das neue Hospital in Ajaccio geflossen sind, welches zu 100 % staatlich finanziert ist)
- Alle staatlichen und départmentalen Behörden in sollen nicht geschlossen werden (nachdem durch die CTU Ajaccio ja nun alleiniger Hauptort der Region ist.
- Große finanzielle Mittel sollen in den Ausbau von Kabeln für die flächendeckende Internetversorgung fließen, damit die Insel in den nächsten Jahren die gleiche „haut-débit“-Versorgung hat, wie das Festland
- Korsika soll ein Aushängeschild Frankreichs werden für innovative und nachhaltige Projekte in den Bereichen: Abfallwirtschaft, Umweltschutz, Küstenschutz, Agrarwirtschaft und Energieproduktion, dafür sollen finanzielle Mittel bereitgestellt werden
- Macron wies darauf hin, dass die neue CTU die weitreichendsten Befugnisse und Möglichkeiten hat, die jemals ein Département in Frankreich genießen durfte, und bat die anwesenden Präsidenten Simeoni und Talamoni, sich dieser großen Verantwortung kompetent zu stellen
- Der « Statut de résident corse » wird rundweg abgewiesen, Macron wies darauf hin, dass dies nicht das richtige Mittel sei um das Wohnraumproblem der Insel zu lösen, es würden einerseits zu viele hochpreisige Objekte, die nicht für die Bevölkerung zugänglich seien und andererseits blieben erzielte Gewinne aus Immobilienspekulationen in jedem Fall in Händen korsischer Besitzer
- Jede Form einer zusätzlichen „fiscalité locale“, also spezielle regional erhobene Steuern wurden ausgeschlossen. Korsika könne nicht die Einnahmen lokaler Steuern für sich behalten und zudem Ansprüche erheben, aus den staatlich erhobenen Steuern ebenfalls versorgt zu werden, es gäbe keine „fiscalité magique“. Stattdessen sollten die im Überfluss bereits erhaltenen eurpäischen Zuschüsse endlich verbraucht und Projekten zugeteilt werden.
- Macron zeichnete das Bild einer „méditerranen“ Politik, die Frankreich ins Leben rufen möchte und rief die korsischen Politiker auf, sich zu erinnern, das der Mittelmeerraum, die Wiege der menschlichen Kultur, sich auf Austausch, Kontakt und Zusammenarbeit gründet und niemals einen Geist der Abspaltung und Abgeschlossenheit beinhaltete. Er rief die korsische Jugend dazu auf, den méditerranen Geist der Aufgeschlossenheit einer nationalistischen Idee zu bevorzugen. Geldmittel sollen bereitgestellt werden, um méditerrane Projekte bezüglich Universitäten, touristische Entwicklung und Ausbildung, sowie Umweltschutz ins Leben zu rufen, dabei sollen insbesondere auch die französische (kontinentale) Mittelmeerküste, die nordafrikanischen Staaten und andere Anrainerstaaten einbezogen werden.
- Die „co-officialité“ der korsischen Sprache wurde abgelehnt, ein Bilingualismus jedoch befürwortet. Dies soll heißen, dass alle Mittel bereit gestellt werden sollen, die Verbreitung der Sprache in der Bevölkerung zu fördern, jedoch dürfe keinem Bürger ein Nachteil daraus entstehen, wenn er diese Sprache nicht beherrscht (berufliche Bewerbungen, offizielle Dokumente und Berichterstattungen etc), was möglich wäre, wenn Korsisch in den Stand einer zweiten offiziellen Amtssprche erhoben würde. Macron wies darauf hin, dass in der Republik keine andere Regionalsprache auch nur annähernd so gefördert werde, wie das Korsische, 9 Millionen seien geflossen, jedoch sei der festzustellende Fortschritt nicht im gleichen Maßstab festzustellen
- Macron befürwortet eine Aufnahme des korsischen Besonderheitsstatus in die französische Konstitution, jedoch nur in den § 72, der das Einsetzen eines Regionalsparlaments regelt, nicht aber dessen Befugnisse signifikant erweitert, die korsischen Verantwortlichen sollen darüber nachdenken, ob sie einen Status ähnlich eines Übersee-Départements überhaupt anstreben wollen
Soweit diese – für mich epochale – Rede Macrons. Es fiel auf, dass er ruhig und sehr entschlossen war. Immer wieder wandte er sich an Talamoni und Simeoni und wollte sie für die ihnen neuerdings überantworteten Befugnisse in die Pflicht nehmen, zeigte (teils mit typisch korsischer Gestik) die Absurdität vieler ihrer Forderungen auf. Insbesondere Macrons Vision einer méditerranen Politik finde ich bemerkenswert, weil sie der Konfrontation Festland versus Insel eine zusätzliche Dimension hinzufügt.
Vielleicht wäre der Ton wärmer gewesen, wenn ihn die gesamten nationalistischen Delegierten nicht bei seinem offiziellen zuvor anberaumten Mittagessen versetzt hätten -ein Affront gegen das Protokoll .
Nur ein einziger Punkt wurde in nicht angesprochen, die Amnistie für sog. „politische“ korsische Häftlinge. Macron hatte bereits am Vortag bei der 20jährigen Gedenkfeier für das Attentat am Präfekten Erignac deutliche Worte dazu gefunden: „die Ermordung sei nicht zu rechtfertigen, zu verteidigen und kann auch nicht erklärt werden“ – damit war geklärt, dass es hier keine angeblich „politischen“ Häftlinge gibt, ein besonders hartes Wort aber auch speziell gegen Simeoni, der ja tatsächlich der Strafverteidiger Yvan Colonnas war. Bereits zu dieser Zeremonie der Trauer, war Talamoni nicht erschienen – auch kein Zeichen der Versöhnung. Besondere Boshaftigkeit dabei: er begründet sein Fernbleiben damit, dass die Familie Erignac sein Beisein sicher nicht wünschten.
Die jetzt anstehenden Reaktionen auf der Insel sind bereits angekündigt und Simeoni interpretierte den Besuch Macrons als „Demütigung des korsischen Volkes“.