Seltsames Gebäude in Bonifacio

  • Hallo Leute,


    ich hab euch hier mal ein von Google Earth generiertes Bild reingestellt:




    Zu sehen ist die Caserne Montlaur in Bonifacio. Klar zu erkennen sind die beiden langgestreckten Gebäuderiegel (und auch die beherbergen noch so manches Geheimnis) mit dem großen Exerzierplatz dazwischen. Bis 1983 war das Ganze ausschließlich der Légion Étrangère vorbehalten, heute ist hier alles der Öffentlichkeit zugänglich. Das auf dem Bild rechts zu sehende lange Gebäude wurde, als ich das letzte Mal da war, von der französischen Post benutzt, das linke stand leer, der Exerzierplatz wird bis heute als Parkplatz benutzt.


    So weit so gut, all das kann man in jedem Reiseführer nachlesen. Aber was wäre altes Gemäuer, wenn es da nicht so manches Geheimnis zu entdecken gäbe? Schaut euch mal das seltsame Gebäude im roten Kreis an! Was ist das? Um es gleich vorweg zu sagen: Eine klassische Windmühle war das nicht, das Gebäude ist auch viel größer als die anderen Mühlenruinen, die weiter hinten auf dem Bild noch zu erkennen sind. Aber was ist es dann?


    Bitte den Beitrag nicht in die Rubrik für die Bilderrätsel verschieben! Ein klassisches Bilderrätsel ist das hier nicht, denn die typische Bilderrätselfrage "Wo steht das Gebäude?" ist hier wohl unzweifelhaft. Die Antwort auf die Frage nach dem Sinn und Zweck des Gebäudes ist die eigentliche Geschichte, und die ist in der Rubrik 'Korsika entdecken' genau richtig. Und glaubt mir: Die Antwort hat es in sich und ist beinahe kaum zu glauben.


    Ich bin mal gespannt, was jetzt passiert. Gibt es einen Kenner, der das Ding schon kennt und die Antwort sofort parat hat, oder läuft das auf eine längere Recherche hinaus? Im zweiten Fall wird's interessant!



    Viele Grüße

    Uli P.

  • Woooowwww merciiii dass du da meine Neugier geweckt hast !!! Nach ein bisschen suchen hab ich dann Corsicathèque gefunden und danach war es einfach weitersuchen nach 'Puits Saint Barthélémy".

    Ich fand ein tolles video dazu:

    [Externes Medium: https://vimeo.com/150121662]


    Du bist aber einen Tag zu spät: gestern (am 24. August) war halt das Fest von San Bertuli :)

    [Externes Medium: https://youtu.be/8OttSI8wN_s]

    ich bin gerade dran, einen Gedichtband von Stefanu Cesari zu lesen, 'Bartolomeo in Cristu' (Editions Eóliennes, juin 2018). Ein ganz tolles Büchlein, auch typografisch sehr interessant - die Typographie ist von Xavier Dandoy de Casabianca und was er da geschafft hat ist wunderschön. der Band ist Zweisprachig, auf der linke Seite korsisch und auf der rechte Französisch (beide von Stefanu geschrieben und keine genaue Übersetzung, sondern zwei verschiedene Darstellungen einer selben Gedanke). das untere Viertel der Seite ist rot und dort steht, auf dem kopf und ab seite 90, noch ein Text ("remonter le cours du récit c'est pénétrer dans le labyrinthe. Le rouge du réel a pris place celui du ciel et celui du sang, notre regard, notre propre temps dans lequel il faut s'immerger la tête penchée sur des pensées abruptes..."). Une merveille...


    Lieber Uli, ich verstehe genau was du meinst (glaube ich), und bin nicht die einzige. Versuchen wir mal, zusammen mit den anderen den es interessiert mal wieder ein bissl Kultur im forum zu bringen?


    Meine Frage (habe jetzt das recht, auch mal eine Frage (oder zwei) zu stellen, nicht wahr?):

    Im Video von San Bertuli hört man ein Lied (am Anfang). Welche Gruppe hört man da? Wer weiss, welche 5 Pieve am Ende der Prozession gesegnet werden? Bonusfrage: Nenne mindestens fünf Namen von dort anwesenden Personen die im kulturellen Bereich Korsikas aktiv sind...

  • Hallo,

    mein erster Gedanke ging natürlich Richtung Mühle,oder gar Sternwarte mit Navigationspunkt für die Schifffahrt zwischen Korsika und Sardinien. Sogar ein Tower für den Flugbetrieb hätte ich dem Militär dort zugetraut.

    Aber alles nix gegen das Ergebnis der Recherche in den unendlichen weiten des Netzes.

    Niemals wäre ich darauf gekommen, das es sich um einen Brunnen der die Garnison mit Trinkwasser versorgte handelt.

    Wem das alles noch nicht Spannend genug ist, die Vorstellung, das hier die Heimliche Schatzkiste von Rommel war, ist für Abendteurer und Verschwörungsfans bestens geeignet.

    Selber war ich 2010 zum letzten mal in Bonifacio oben und bin am das Gebäude vorbei gelatscht, da war Absolut kein hinweis angebracht das darüber Informiert hätte, was das mal war.

    Und überhaupt war mir gar nicht so bekannt, das man da jetzt einfach so überall herumgehen kann.


    Uli P,: warst du da schon drin, Erzähl :huhparty:

  • Sorry Mark, aber mit der Antwort ist jetzt nicht wirklich was anzufangen. Das klingt wie "Ist das nicht der Fels, der auf das Auto fiel, in dem Müllers Sekretärin ihren linken Schuh verlor."


    In Bonifacio gibt es viele Schächte mit Treppen; und wo Hitler seine Schätze verstecken ließ, entzieht sich meiner Kenntnis. Bitte etwas konkreter und ausführlicher.

  • Hallo Leute,


    das ging schnell, es sind in der Tat die Puits Saint Bartélémy. Marilena, ich hätte nicht geglaubt, dass das so einfach herauszufinden ist, zumal das Ding in der deutschsprachigen Literatur komplett ignoriert wird.


    Aber wer glaubt, dass das einfach nur ein Brunnen war, irrt auch hier wieder gewaltig. Hier also der historische Hintergrund:


    Nachdem die Caserne Montlaur 1768 formell (wie ganz Korsika) an Frankreich kam, wurde schnell klar, dass die Wasserversorgung der Kaserne im Belagerungsfall mit den vorhandenen Mitteln nicht sicherzustellen war. Aus diesem Grund mauerte man Mitte des 19. Jahrhunderts zunächst eine Kaverne, die nach Süden zur See hin offen war, zu und ließ sie sich allmählich mit Süßwasser füllen. Dann trieb man einen Schacht mit etwa vier Metern Durchmesser genau senkrecht etwa 70 Meter in die Tiefe in das weiche Kalkgestein. Damit dies möglich war, musste zusätzlich eine Wendeltreppe angelegt werden, die sich um den Schacht herum in die Tiefe wand. Mit Hilfe dieser Treppe gelang es, den Abraum des Schachts nach oben zu befördern. Nachdem der Schacht bis zur Kaverne fertig war, errichtete man genau darüber den Turm, der heute noch an der Stelle zu sehen ist. Über dem Dach des Turms befand sich auf einem hölzernen Tragwerk ein drehbares Windrad, das über ein Untersetzungsgetriebe aus ebenfalls hölzernen Kammrädern ein Kettenschöpfwerk mit Eimern antrieb. Eine Zeichnung von der Anlage, wie sie einmal aussah, wird in dem von Marilena geposteten Video gezeigt. Bitte einfach anschauen, das Video ist genial gut!


    Das muss man sich einmal vorstellen: ein windgetriebenes Eimerschöpfwerk bis in 70 Meter Tiefe! Die Förderleistung kann nicht besonders groß gewesen sein. Ob das Schöpfwerk seinen Zweck wirklich zur Zufriedenheit erfüllt hat, ist sicher nicht mehr so einfach festzustellen. Jedenfalls ist aufgrund von Fotos sicher, dass bereits im Jahr 1900 von dem Windrad nichts mehr zu sehen war und der Turm bereits seine heutige Gestalt mit dem schrägen Dach hatte.


    Da steht er also noch jetzt, der Turm. Der Schacht mit der Wendeltreppe existiert auch heute noch. Dennoch findet sich, wie Andy richtigerweise feststellt, dort kein Schild, kein Hinweis, schlicht nichts über die Anlage. Begehbar ist sie auch nicht. Einer der Gründe mag mit Sicherheit der hohe Kostenaufwand sein, die Anlage für Besucher zu sichern, zu beaufsichtigen und in Schuss zu halten. Ein anderer möglicherweise die Angst vor der unheimlichen Anziehungskraft der Anlage auf suizidgefährdete Menschen, die einen spektakulären Abgang suchen!


    Ich hoffe, die ganze Sache hier hat gefallen, und ich hoffe auch, dass das hier zur reichlichen Nachahmung anregt. Dem Forum würde das sicher gut tun!



    Viele Grüße

    Uli P.


    P.S.: In dem Link von Andys Beitrag sind die Zeichnungen in guter Auflösung auch zu sehen. Der Text dort spricht von drei Metern Durchmesser und 60 Meter Tiefe; aber darüber werden wir uns, danke ich, angesichts der Faszination nicht streiten!

    2 Mal editiert, zuletzt von Uli P. ()

  • Ich habe mich da geirrt. Rommel war der,der den Schatz vor

    Kriegsende angeblich unter Bonifaccio verstecken liess. Dieser

    wurde angeblich nachher in ein Schiff verladen und von

    aus weggebracht. Angeblich soll das Schiff vor versenkt

    worden sein. Ettliche Geschichten ranken sich darum und es

    gibt einige Schatzsucher die immer noch danach suchen.

  • In Betrachtungen über historische Ingenieurbauwerke sollten Hitler und Rommel eine eher untergeordnete Rolle spielen! :banned:

  • Es waren Vermutungen.

    Zu Deinem Rätsel ! Das musst du schon zulassen.

    Da hat keiner was übergeordnet

    Belehrungen sind nicht nötig

    Alle Erinnerungen die Korsika betreffen sind schöne Erinnerungen !

    Die gilt es zu bewahren!

  • Ein wirklich spannender und fesselnder Beitrag, ganz nach meinem Geschmack Korsika zu erfahren. Danke @Uli P. ! Erstaunlich, wie schnell und präzise das Thema von euch aufgelöst wurde. Bei meine bescheidene Recherche bin ich auf einen Sendebeitrag von ARTE gestoßen "Frankreichs mythische Orte - Bonifacio". Ab 18'07'' wird ein Ort in der Umgebung Bonifacios vorgestellt, wie ich es in dieser Art auf der Insel noch nie gesehen habe. Nun, gibt es hier Kundige, die mir den genau sagen können wo ich diesen Ort finde?


    Marilena

    Ich meine, dass das Anfangslied von Diana di l'Alba sein könnte.


    Gruß

    Dieter

  • Godot


    Hallo Dieter,


    dieser ungewöhnlich grossen baracun liegt anscheinend auf Privatgrund und kann wohl nicht ohne weiteres besucht werden. Auf die Schnelle habe ich erstmal nur dieses gefunden:

    http://infoterre.brgm.fr/rapports/RP-59112-FR.pdf

    schau mal auf Seite 50ff


    Gruss

    Thomas


    habe gerade gesehen, daß das im Forum schon mal Thema war:

    Gesucht: Ausgrabungsstelle/ historische Stätte bei Bonifacio

  • Du meinst die 'caseddi' (es sind keine 'baracùn' wie im Video gesagt wird, die sind viel kleiner) in Trinità di Bunifaziu? Wo die caseddi sich genau befinden weiss ich nicht aber Trinità findet man wenn man ab Bunifaziu die T40 hochfährt. Einfach mit Maps zu finden: auch Hotels und heißen Trinité!

    Beim recherchieren hab ich noch etwas schönes gefunden (na ja vielleicht nur für mich selber): 'A vusgi bunifazzina' (la voix bonifacienne), eine Ausgabe der Mairie von Bunifaziu. Ich fand ein schönes Artikel über archäologischen Ausgrabungen in der Chapelle St Barthélemy (auch bei der Caserne Montlaur) und noch einen über eine alten Steinbäckerei die man beim 'saubermachen' eines neuen Fußsweges gefunden hat. Und es gibt noch ein kleines Artikel in Bunifazzinu (die Sprache Bunifazius von Alanu di Meglio (den man am Anfang von Dieters Video sieht)! Und, vielleicht für euch nicht interessant, beim Suchen hab ich auch meine Kenntnisse rund um den Namen 'Piali' und seinen Adjektiv 'pialincu' bis ins Genuesischen ergänzt. Toll, so könnte ich Stundenlang weitergehen!

    Godot : nein, Diana di l'alba ist es nicht! Wenn ich am 'großen' Rechner bin (jetzt nur Handy) werde ich versuchen auch 'Misteriosa citadedda' von Diana di l'alba hier einzustellen, eine Ode an Bunifaziu von meinem Freund Ghjuvan Federiccu Terrazzoni (und die tolle Geschichte der Entstehung dieser Song). Oder hab ich das vielleicht schon irgendwo anders im Forum getan (Alzheimer light, wie immer...) ?

  • Ja doch, gab's schon, aber es gehört eher hier hin:



    CITADEDDA / ZITADELLE


    À l'entre di u to mondu, da lu tempu custuditu

    Chì tuttu in lu circondu, pari pà sempri sculpitu

    Pari pà sempri sculpitu da issu ventu chì ti tocca

    È chì mai ùn hè sparitu, à l'entre di la to bocca

    À l'entre di la to bocca, purtonu di l'immensità

    Sculpitu in quissa rocca, teatru di l'antichità


    Am Zugang deiner Welt, überwacht von der Zeit
    Wo alles was dich umgibt für immer geschnitzt scheint
    Für ewig geschnitzt scheint vom Wind der Dich streichelt
    Und der immer da ist, am Zugang deiner Mündung
    Am Zugang deiner Mündung, Portal zur Grossartigkeit
    Geschnitzt in diesen Felsen, Theater der Vorzeit


    Mistiriosa citadedda, bianca com'è la calcina

    Sè l'ultima sintinedda, di pettu à la marina

    Di pettu à la marina, è lu mari prufondu

    Quandu l'acqua s'avvicina, à l'entre di lu to mondu


    Mysteriöse Zitadelle, weiss wie Kalk
    Letzter Wachtposten am Meeresrand
    Am Meeresrand und am tiefen Meer
    Wenn das Wasser herankommt, am Zugang deiner Welt


    Teatru di l'antichità, pà tutti l'ispluratori

    Chì vulianu cunquistà u to elpali di valori

    U to elpali di valori, divintatu un casteddu

    Chi tutti li so signori, t'ani missu l'aneddu

    T'ani missu l'aneddu, pà fà di tè una regina

    D'issu mondu cussì beddu, chì strabiomba la marina


    Theater der Vorzeit, für alle Erkunder
    Die deinen wertvollen Hang erobern wollten
    Dein wertvoller Hang, der eine Burg geworden ist
    Denn alle Herren wollten dich heiraten
    Heiraten, um dich zur Königin zu machen
    Von dieser zauberhaften Welt oberhalb des Meeres


    Mistiriosa citadedda...


    Chi strabiomba la marina, sin'à Capu Pertusatu

    Fighjulend'ogni matina, l'orizonti à lu so latu

    L'orizonti à lu so latu, cù lu so riflessu giaddu

    Chi mai ùn s'hè scurdatu di Lavezzi é di Cavaddu

    Di Lavezzi é di Cavaddu, peruli di sta cullana

    Sò li maestosi scoddi di pettu à la sulana


    Oberhalb des Meeres bis zum Capu Pertusatu
    Wo er jeden Morgen den Horizont an seiner Seite sieht
    Der Horizont an seiner Seite, mit seinem gelben Wiederschein
    Der nie Cavaddu und Lavezzi vergisst
    Lavezzi und Cavaddu, Perlen von dieser Kette
    Sind die majestätische Klippen die sich im Sonnenschein erstrecken


    Mistiriosa citadedda...

    Mysteriöse Zitadelle...


    Ghjuvan Federiccu TERRAZZONI


    Ghjuvan Federiccu Terrazzoni ist ein junger Dichter und Chjam'è rispondi-Sänger. Er lebt und arbeitet in Bunifaziu und hat schon für vielen Gruppen Lieder geschrieben: u.a. für Ghjuvan'Carlu Papi, Canta, Cirnese, Natali Valli, Surghjenti... in 2013 ist sein erster Gedichtband erschienen: 'In cori à mè" (Cismonte è Pumonti). er hat mir immer gesagt, es sei nicht mehr zu finden, aber doch... im Juni hab ich davon noch ein Exemplar gefunden, versteckt hinter anderen Büchern. Cismonte è Pumonti, die Verlagshaus von Rinatu Coti, gibt's leider nicht mehr...


    Ich habe Terrazzoni kennengelernt im ehemaligen 'Foru Corsu' wo er mit anderen Jugendlichen online chjam'è rispondi geübt hat. Das an sich war schon eine tolle Sache. Eines Tages hat er dann "Mistiriosa citadedda" ins Forum eingestellt... Antonu Marielli, Gründer von Diana di l'alba, hat es gelesen und die Musik dazu geschrieben. Einige Monaten später beim Konzert von Diana in Bunifaziu wurde das Lied in Anwesendheit des Dichters (und wieder unser Freund Alanu di Meglio!) zum ersten Mal in einem Konzert gesungen ! Kurz danach habe ich Ghjuvan Federiccu in Portivechju beim Festival Cuntorni 'live' begegnet - er war damals nur 21 Jahre alt! Ein richtiges Naturtalent!

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