Der lange Marsch: Unterwegs auf dem Wanderweg GR20 auf Korsika

  • Danke für den interessanten Bericht.... Der GR 20 oder zumindest ein Teilstück davon wäre so eine Traumtour von uns...


    Liebe Grüsse
    Nina

  • Danke für den Link, Klaus!


    Da hat sich ja seit damals, als ich auf dem GR20 unterwegs war, einiges geändert!
    Scheint eine richtige Völkerwanderung zu sein! :fie: Wir waren damals mehr oder weniger allein unterwegs.


    Wir mussten unser Essen für mehrere Tage mitschleppen, nur bei Querung einer Straße (Col de Verghio, Vizzavona) konnte man Lebensmittel einkaufen.
    Auf den Refuges gab es nichts zu kaufen, geschweige denn Frühstück oder Abendessen.
    Damals war auch das Biwakieren außerhalb der Refuges noch nicht verboten, wir hatten meist eine lauschige Stelle irgendwo am Bach (für das abendliche Bad!).
    Unser Zelt haben wir nur einmal aufgebaut, wegen ein paar Regentropfen; sonst immer nur Isomatte u. Schlafsack.
    Und dann der Sternenhimmel ...!


    Ich glaub', mir würde das heute nicht mehr gefallen! (Ich könnte es jetzt auch nicht mehr.)


    Damals war ich jedenfalls total begeistert, die Landschaft ist einfach überwältigend!


    Gruß Capitella

  • je, der berühmte GR 20... Er ist wirklich herrlich und bleibt der schwierigste Fernwanderweg in Europa aber:
    - wir sind viele Teilstücke gelaufen und haben aber viele mürrische, überforderte Frauen und Männer gesehen
    - die Zeltbewohner dürfen nicht mehr in der Hütte kochen (zahlen dürfen sie schon)
    - die Hüttenlager sind verwanzt (jedenfalls letztes Jahr), wurde aber eine Kampagne zur Entwanzung gestartet, obs klappt.?
    - unsere Tochter wurde auf der Wanderung sogar beklaut (Lebensmittel)
    - zum Teil sind Karawanen unterwegs. fast jeder kommerzielle Wanderanbieter hat ihn im Programm
    - im Col Perdue ist mit Wartezeiten zu rechnen, so viele mehr oder weniger Geübte brauchen eben viel Zeit zur Durchquerung, da gibts dann Stau


    Trotzdem, wer das Glück hat nicht zur Hauptsaison dort zu wandern wird begeistert sein. Auch Teilstücke sind glücklicherweise traumhaft!
    Viele Grüße
    Helen

  • Salut!


    Ich bin den GR20 mehrfach alleine, mit Freunden und auch als Guide mit Gruppen gegangen. Mich zieht es seit vielen Jahren dort hin, das wird auch so bleiben...
    Er bleibt eine (hoch-) alpine Herausforderung. Frust entsteht eigentlich nur durch eine falsche Vorbereitung und Planung. Wer einen Gepäcktransport durch die korsischen Berge leisten möchte, rackert sich ab, kommt an seine körperlichen Grenzen (oder auch darüber), hat ganz viel damit zu tun sein viel zu großes Gepäck über die Pässe zu hieven und kann die einmalige Landschaft gar nicht genießen...
    Weniger ist mehr. So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Leichtes Gepäck bedeutet Schnelligkeit und Leichtigkeit, bedeutet letztendlich Sicherheit. An den Refuges gibt es alles, was man benötigt. klar ist der Preis für die an den Refuges zu erstehenden Dingen sehr hoch, aber alles muss mit helikopter oder Maultier transportiert werden, die Saison ist kurz, der Winter lang... die gardiens müssen das ganze Jahr von den Einnahmen leben. Aber jeder hat eine freie Wahl, seine Verpflegung selbst zu tragen o. vor Ort zu kaufen...
    Problematisch ist, dass der GR20 sehr populär geworden ist in den letzten Jahren, so dass sich ganze Horden von Wanderern an den Schlüsselstellen stauen... wie gesagt: Leichtigkeit = Schnelligkeit = Sicherheit...
    Probleme entstehen dort, wo die Rahmenbedingungen vor Ort den auflaufenden Menschenmassen nicht mehr gewachsen sind: z.B. die Toilettensituationen an den Refuges hoch in den Bergen. Diese verstärkt sich noch durch die "mediterane" Haltung der gardiens, denen die Dinge oft einfach egal sind... zerfetzte Zelte wehen im Wind, werden aber weiter vermietet, Wanzen hüpfen von Matratze zu Matratze, von Schlafsack zu Schlafsack und somit dann auch von Hütte zu Hütte, keine Chance der Problematik begegnen zu können. Selbst wenn der gardiens morgens die Hütte desinfizieren würde, es würde nichts nützen, abends kommen ja in den Schlafsäcken der eintreffenden Wanderer neue...
    Es ist auch gut, wenn man ein wenig Französisch sprechen kann... die korsische Mentalität ist ein stolze. Zunächst wirkt dies überheblich und arrogant, unfreundlich... aber bei näherem Kontakt zeigt sich, sie sind sehr gastfreundlich und aufmerksam.
    Mit einem gewissen Mut zum Risiko sich auf etwas Neues und Ungewöhnliches einzulassen, seine Mentalität, seine Strukturen, seine Gewohnheiten und seinen Luxus zu Hause zu lassen und sich so zu bewegen, wie ein Gast in einem fremden Land... und sich auf diese einmalige Landschaft und die dort lebenden Menschen einzulassen bedeutet letztendlich: eine einmalige Erfahrung zu machen, die einen nachhaltig prägt.
    Der GR20 ist und bleibt eine stellenweise schwierige hochalpine Tour. Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, Bergerfahrung, Einschätzung von Wetterverhältnissen und ein wenig Klettererfahrung mit einer entsprechenden Kondition sind Voraussetzungen zur Bewältigung dieser Tour! Entsprechendes gilt auch für die Ausrüstung. Es ist besser: you know how to behave! Bei schönem Wetter ist alles kein Problem... aber Neuschnee im August, korsische Gewitter und Regenstürze in den Bergen sind kein Spaß! Falsches Schuhwerk, falsche Ausrüstung können fatale Probleme bereiten und mitunter schwerwiegende Folgen haben... der Sicherheitsstandard hat sich zwar in den letzten Jahren deutlich verbessert, reicht aber immer noch bei weitem nicht aus... es sind einfach zu viele (unerfahrene) Menschen in den Bergen unterwegs...


    Die Vorsaison (ab 15.Mai werden die Refuges bewirtschaftet) ist meines Erachtens die beste Reisezeit für den GR20. Unten am Meer Sommer, auf der Alm Frühling und hoch oben oftmals noch "Winter", also noch jede Menge Altschnee. Die Refuges sind offen, Wasser, Gas und Holz für den Ofen sind vorhanden.
    In der Nachsaison ist alles sonnenverbrannt und sehr trocken und staubig, was aber auch seinen Reiz hat. leider gibt es oftmals Probleme mit der Wasserversorgung, man muss also viel Wasser für den Tagesbedarf tragen.


    noch Fragen? Bitte gern. Gerry

    • Offizieller Beitrag

    Weniger ist mehr. So viel wie nötig, so wenig wie möglich. Leichtes Gepäck bedeutet Schnelligkeit und Leichtigkeit, bedeutet letztendlich Sicherheit. An den Refuges gibt es alles, was man benötigt. klar ist der Preis für die an den Refuges zu erstehenden Dingen sehr hoch, aber alles muss mit helikopter oder Maultier transportiert werden, die Saison ist kurz, der Winter lang... die gardiens müssen das ganze Jahr von den Einnahmen leben. Aber jeder hat eine freie Wahl, seine Verpflegung selbst zu tragen o. vor Ort zu kaufen...


    Hallo Gerry,


    ich bedanke mich sehr im Namen des gesamten KFT (Korsika-Forum-Team) für Deinen (von mir oben nur auszugsweise zitierten) Beitrag in unserem Forum!
    Angesichts der dem "Normal-Wanderer" verschlossenen "höheren Weihen" gibt es hier in unserem Forum nicht all zu viele Beiträge zu diesem Thema, und genau darum schätzen wir Beiträge wie Deinen sehr!
    Der für mich eindeutig die oft vermisste "Bodenhaftung" zur oft 'Starlight-Express'-ähnlich propagierten Strecke herstellt!! newatt%%%


    Ich gehe davon aus und freue mich darauf, dass unser User 'Eric' ( eric:) dazu seine ganz eigene Sichtweise/Einschätzung hier alsbald kund tun wird ...


    Aus Teemitrum
    Ernest

  • Immer wenn ich über den heutigen Zustand des GR 20 nachdenke bin ich froh darum, zu Anfang der 80er Jahre noch den ürsprünglichen Charme dieses Wegs erlebt zu haben. Mit allen dazugehörenden Widrigkeiten: schwere Rucksäcke, Mitnehmen der kompletten Verpflegung, einer im Vergleich zu heute anspruchsvolleren Wegfindung. Belohnt wurden wir mit (damals noch geduldeten) unvergesslichen Biwakplätzen, einer manchmal vollkommenen Einsamkeit und dem Gefühl sich selber wirklich nahe zu kommen.
    Aber wie so viele andere schöne Plätze auf dieser Welt bezahlt der GR heute für seine Schönheit und seine Berühmtheit. Unstrittig ist meiner Meinung nach, daß bei der heutigen Frequentierung des GR kontrollen und Reglementierung notwendig sind. Durch die quasi-Bewirtung auf den Hütten ist der Weg für viele begehbar geworden, die sonst körperlich nicht dazu in der Lage gewesen wären. Da aber die technischen Schwierigkeiten gleich geblieben sind und immer mehr Ungeübte unterwegs sind, steigt die Unfallhäufigkeit zwangsläufig an. Und es stimmt, die Infrastruktur ist der steigenden Anzahl der Wanderer meist nicht mehr gewachsen. Auf dem Refuge Prati z.B. sind es in der Saison oft über 100 Personen, die dort in und an der Hütte übernachten.....
    Der GR teilt das Schicksal vieler anderer "schönsten Treks der Welt", ich nenne hier in Neuseeland den Milford und Abel Tasman-Trail ( streng limitierte Anzahl von Wanderern, strikte Reservierung der Hütten) oder den Torres del Paine Trek in Patagonien ( in den 90ern noch eine anspruchsvolle tour für Individualisten, inzwischen luxuriöse Unterkünfte mit entsprechenden Preisen..), von Nepal gar nicht zu sprechen....
    Was bleibt, sind GR Etappen weit ausserhalb der Saison oder andere -meist genauso schöne- Wege und Touren in den korsischen Bergen, weitab vom GR.


    Gruss


    Thomas

  • Immer wenn ich über den heutigen Zustand des GR 20 nachdenke bin ich froh darum, zu Anfang der 80er Jahre noch den ürsprünglichen Charme dieses Wegs erlebt zu haben. Mit allen dazugehörenden Widrigkeiten: schwere Rucksäcke, Mitnehmen der kompletten Verpflegung, einer im Vergleich zu heute anspruchsvolleren Wegfindung. Belohnt wurden wir mit (damals noch geduldeten) unvergesslichen Biwakplätzen, einer manchmal vollkommenen Einsamkeit und dem Gefühl sich selber wirklich nahe zu kommen.

    Ja, Thomas,


    genauso geht es mir auch! (Hab' ich auch schon irgendwo geschrieben.)
    Ich würde nicht gerne in einer "Karawane" laufen - so ist es aber wohl heutzutage!


    Gruß Capitella ::)))

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