Ursprünglicher Beitrag vom 27 Aug 2008 12:46 von 'UliP':
Hallo alle zusammen,
selber ist es mir an Bord von Schiffen noch nie schlecht geworden. Aber einige Freunde vertragen Seereisen offenbar extrem schlecht. Dabei gibt es einige Tipps, wie man das Auftreten der Seekrankheit verhindern oder zumindest stark hinauszögern kann. Es ist wohl so, dass man bei jedem Menschen Seekrankheit auslösen kann, die Schwellen sind nur jeweils unterschiedlich hoch. Trotzdem, hier einige Tipps und Tricks, selbst erfahren oder ausprobiert, manche auch nur angelesen:
1.) Wer von seiner Empfindlichkeit gegen Seekrankheit weiss, sollte auf keinen Fall über Nacht oder in einer Kabine mit kleinem Fenster fahren, sonst wirken die wichtigsten Gegenmaßnahmen nicht, weil die Horizontlinie nicht sichtbar ist.
2.) Sofort nach dem Anbordgehen raus auf's Oberdeck, Jacke gegen kühlen Fahrtwind und Hut gegen Sonne nicht vergessen. Draußen das Ablegen des Schiffes beobachten und warten, bis das Land langsam am Horizont zu verschwinden beginnt. Dabei muss man sich vorstellen, dass man mit dem Meer und der Horizontlinie in Verbindung ist, weniger mit dem Schiff, und man muss das Schiff frei unter sich rollen und stampfen lassen. Keinen Widerstand gegen die Bewegungen leisten und sich nicht an der Reling festklammern. Nur die Hände locker auf die Reling auflegen und die Bewegungen des Schiffes erfühlen, dabei den Blick hinaus aufs Meer und das zurückbleibende Land richten. Die frische Seebrise genießen.
3.) Kinder sind um die 12 Jahre am empfindlichsten gegen Seekrankheit, Kleinkinder fast gar nicht, und Erwachsene sind unterschiedlich stark betroffen. Kinder unterhalten und sie dabei animieren, auf den Horizont zu blicken. Ein nettes Spiel: Wer die Inseln Monte Christo, Capraja oder Elba zuerst am Horizont entdeckt, bekommt nachher eine Belohnung. Oder: "Was, Ihr kennt die Geschichte des Grafen von Monte Christo noch nicht? Dann wird's aber Zeit!" Erzählt die Geschichte und deutet dabei immer wieder aufs Meer hinaus. Erklärt, wo Marseille, Chateau d'If und Livorno sind, zeigt in die Richtungen der Orte der Handlung, damit die Kinder hinaus spähen und in die gezeigten Richtungen suchend blicken. Geübten Eltern fallen viele solcher Spielchen ein.
4.) In den ersten Minuten auf See hat man ein seltsames Gefühl beim Umhergehen, einen torkelnden Gang und weiche Knie. Das ist normal und sollte nach etwa 30 Minuten aufhören. Man kann das beschleunigen, indem man in Schiffslängsrichtung außerhalb der Schiffsmitte nach vorne und hinten durch das Schiff geht, am besten auf dem Oberdeck. Den Blick dabei auf das Meer richten. Das Hirn bringt es nach relativ kurzer Zeit fertig, die Schiffsbewegungen zu erahnen und entsprechend automatisch dagegen zu steuern. Plötzlich kann man ohne zu schwanken stabil hin und her gehen. Ist dieser Zustand erst mal erreicht, kann nicht mehr viel schief gehen, eben nach etwa 30 Minuten. Dann kann man auch getrost ins Schiffsinnere gehen, aber stets durch die Fenster das Meer im Auge behalten. Versucht, die Bordwände zu ignorieren und richtet das Auge beim Gehen auf die Horizontlinie.
5.) Man sollte sich stets in hellen Bereichen mit großen Fenstern aufhalten. Man muss sich stets klarmachen, dass ein Schiff kein stabiles mit dem Untergrund verbundenes Gebilde wie etwa ein Haus ist. Auf das Meer blicken und das Hirn die Schiffsbewegungen automatisch ausgleichen lassen, keinen Widerstand dagegen leisten wollen. Den salzigen Geruch der Luft genießen und das beruhigende Tuckern der Maschinen auf sich wirken lassen. Wie wär's jetzt mit einem Café oder mit einem Gang ins Restaurant? Aber auch da am Fenster sitzen und nach jedem Bissen oder Schluck hinaus aufs Meer blicken. Nicht ins Schiffsinnere starren, nicht Zeitung lesen oder auf die Tischplatte schauen. Auf keinen Fall Alkohol trinken, denn dann wirken die schönen Tipps und Ratschläge nämlich nicht mehr. Die Wirkung des Alkohols verhindert geradezu die gedankliche Anpassung an das bewegt werden, dann wird alles nur noch schlimmer. Nochmal: Keine Kabine mit winzigem Bullauge buchen, lieber die Fahrt in den Gemeinschaftsbereichen oder auf dem Oderdeck genießen.
6.) Hat man den Zustand des geschilderten 'automatischen Ausgleichens' erst einmal erreicht, kann in der Regel nichts mehr passieren. Ein bemerkenswerter Effekt tritt dabei auf, wenn man am Zielhafen wieder Land betritt. Wenn man dabei beim Umhergehen dasselbe seltsame Gefühl hat, das man vorher die ersten ca. 30 Minuten auf See hatte, dann hat man an Bord alles richtig gemacht. Das Hirn versucht nun, die nicht mehr vorhandenen Schiffsbewegungen immer noch auszugleichen, was nunmehr das seltsame Torkeln und die weichen Knie auslöst. In diesem Fall mit der Weiterfahrt warten, ebenfalls etwa 30 Minuten. Dabei hin und her gehen und immer noch den Horizont beobachten.
Ich denke, mit diesen Tipps sollte es möglich sein, die Fahrt mit der Fähre so richtig als Teil des Urlaubs zu betrachten und nicht als pure Notwendigkeit. Mir geht es immer so: Sobald ich an Bord bin, ist sämtlicher Stress abgefallen und der volle Genuss beginnt.
Viele schöne Stunden an Bord wünscht
Uli P.